Die Idee ist bestechend, die Theorie gut nachvollziehbar.
Die Frage, immer ähnlich formuliert: „Warum gibt es so viel Gewalt und Leid in
der Welt und warum ändern Menschen es nicht“? Wenn Anne Wilson Schaef vom
„Zeitalter der Sucht“ spricht, Erich Fromm, die „Furcht vor der Freiheit“
beschreibt, Alice Miller behauptet „Du sollst nicht merken“ und Joachim Bauer
in „die Schmerzgrenze“ auf die Folgen seelischen Schmerzes hin weist, Bettina
Alberti unseren Blick auf die „Seelischen Trümmer“ zu lenken sucht und
Hans- Joachim Maaz schließlich die Gesellschaft als
nazistisch beschreibt, dann sind dies alles Versuche eine Antwort auf die Frage
nach dem Warum zu finden. Auch Gerald Hüther, seines Zeichens Neurobiologe
beschäftigt sich mit den Ursachen und Möglichkeiten um aus der Falle heraus zu
gelangen und beleuchtet das Thema aus hirnphysiologischer Sicht.
Nach der Frage des warum folgt konsequent die Frage des „wie“ – wie wir uns und „es“ ändern können.
Auch dies wird in zahlreichen Büchern beschrieben. Dennoch ändert sich wenig.
Mensch sieht beharrlich weg, wenn es um das eigene, das Konkrete, das Wirkliche
und wesentliche Denken, Fühlen und Handeln geht. Überforderung lähmt jedwede
nachhaltige Veränderung. Zu viel müsste hinterfragt, umgeworfen, neu gestaltet,
ausgehalten und verabschiedet werden. Menschen hassen Veränderungen, nicht
zuletzt, weil es sie Kraft kostet und wer all seine Kraft zum täglichen
Überleben benötigt würdigt Möglichkeiten zur Veränderung keines Blickes mehr.
Verstehbar, nachempfindbar und allzu menschlich.
Die These, das der Mangel an „Liebe“, an „angenommen sein“
einen schier unerträglichen Schmerz in der Seele zurück lässt, die es einem
Menschen einfach unmöglich macht frei und wesentlich zu sein ist bestechend.
Daraus folgt die Erklärung, warum wir konsumieren, uns in Geschäftigkeit
verlieren und uns „Stress machen“, warum wir uns engagieren für den Erfolg, für
Andere, Anderes und für den Fortschritt, warum wir beständig leiden und „immer
etwas ist“ was uns gerade abhält zum wesentlichen, zum Kern unseres Wesens zu
gelangen. Man muss „erst noch die Welt Retten“ und sei es nur die eigene kleine
Welt, die einem so lieb und vertraut geworden ist, dann, ja dann kann endlich
Ruhe einkehren… Herr Maaz erklärt uns, wie viele andere auch, warum diese Ruhe
nie einkehren darf, weil dann der Schmerz wahrgenommen werden würde, weil wir,
wenn alles Geplapper und aller Aktionismus aufhörte, schlicht in den Fluten des
verinnerlichten Mangels, den wir beständig nähren, ertrinken würden.
Die Sehnsucht nach einer Art Urvertrauen, nach Liebe,
Angenommen sein, nach Wertschätzung und Lösung oder Erlösung vom Leiden, nach
Ruhe und Geborgenheit scheint allgegenwärtig. Ebenso die Geschäftigkeit, der
Konsum, das narzisstische Streben nach Aufmerksamkeit und Macht und die Sucht
nach Unterschiedlichsten Dingen oder Handlungen. Sie dienen allesamt dem
Übertünchen und der Ablenkung, um die Ursprüngliche Wunde nicht wahr–zu-nehmen.
Ich empfand dieses Buch als äußerst lesenswert, als Impuls um erneut der oben
genannten Frage nach zu gehen.
Am Ende steht man wieder vor der Frage, was zu tun sei, wo
anzufangen sei und ob es denn überhaupt begehbare Wege gibt. Er, der Autor,
empfiehlt eine Therapie, macht aber auch wenig Hoffnung auf Heilung. In einem
Liedtext heißt es „die Zeit heilt keine Wunden, sie lehrt uns nur mit ihnen zu
leben“. Und Herr Maaz schreibt „Nur der Schmerz ist das Tor zu einem freieren
Leben“ und meint damit vielleicht, das man hin sehen und Abtragen muss was sich
da in der Seele fest gesetzt hat, wenn man zu einem wirklichen Leben gelangen
möchte. Das liest und denkt sich nicht sehr attraktiv, vor allem nicht in einer
Welt die überall, via Konsum schnelle Erlösung verspricht, da wird selbst
Meditation zur Aufgabe die man ehrgeizig angeht. Vielleicht ist der schnelle
Weg tatsächlich Zeitverschwendung, vielleicht müssen wir tatsächlich
wesentlich, langsam, achtsam werden. Und sei es nur, um nicht zu
verschlimmbessern, was ohnehin schon arg genug ist. Vielleicht ist weniger mehr
und vielleicht macht Nähe, Augenblicklich, Sinn.
hopefully
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