Was ist eigentlich das Gegenteil von Großzügigkeit? Viele
würden Geiz sagen, andere würden Sparsamkeit nennen. Wenn man Großzügigkeit
negativ ausdrücken will kann man auch von Verschwendung sprechen. Diese Vier
Begriffe nennt Friedemann Schulz von Thun in seinem Buch „miteinander Reden“
als Beispiel für sein „Werteviereck“ er nennt die Beiden Gegensätze
Großzügigkeit/ Verschwendung versus Sparsamkeit/Geiz. Wobei der eine Begriff
die positiven Aspekte, der andere die negativen Aspekte des Gleichen Verhaltens
benennt.
Um mich diesem Begriff, der Großzügigkeit, weiter zu nähern
habe ich diese, vielleicht allgemein verwendete Bedeutung aufgebrochen und will
sie nunmehr erweitern.
Großzügigkeit ist eine innere Haltung aus der dann ein
äußeres Verhalten entsteht. Das Verhalten allein, viel zu geben, was auch
immer, zeugt meiner Meinung nach noch nicht von Großzügigkeit. Ohne das, von
außen nicht immer einfach ersichtliche, Motiv zu kennen, kann man daher nach
meinem Verständnis des Begriffs nicht erfassen, ob jemand großzügig handelt
oder nicht. Es gibt eine Reihe von Motiven für Freigebigkeit, mir sind folgende eingefallen:
- Das erwarten von Gegenleistungen ohne diese Auszusprechen,
- das Gefühl ausgeschlossen zu werden, wenn man sich nicht spendenbereit zeigt,
- das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung, der Wunsch in einem bestimmten Licht zu erscheinen,
- ein schlechtes Gewissen darüber, zu viel zu Besitzen oder genommen zu haben und so seine Zugehörigkeit aufs Spiel zu setzen,
- Das Bedürfnis andere abhängig zu machen oder Macht aus zu üben indem man, seine Gaben einschränkt, damit droht bzw. drohen könnte dies zu tun
- oder einfach Pflichtgefühl.
Altruismus; Selbstlosigkeit oder auch Großzügigkeit wächst
meines Erachtens nur in einem Garten in dem auch innere Freiheit, Vertrauen,
Mitgefühl und Furchtlosigkeit stehen.
Wer sich also an etwas, was auch immer so reich fühlt, dass
er oder sie quasi im Überfluss darüber verfügen kann, dem fällt es leicht zu
geben. So hat Großzügigkeit auch etwas mit Mut zu tun, dem Mut der aus dem
Vertrauen wächst nicht zu verarmen. Dieses Vertrauen wird durch das Gefühl
guter sozialer Netzwerke gestützt, die dem und der Einzelnen glaubhaft
signalisieren, dass sie im Bedarfsfall entstandene Lücken wieder auffüllen
werden.
Alle anderen oben genannten Motive zum Geben erwachsen mehr
oder weniger aus der Befürchtung die Zugehörigkeit zu verlieren, diese nicht zu
haben oder nicht erlangen zu können.
Warum ist es nun so problematisch wenn man z.B. mit der
Erwartung etwas zurück zu bekommen gibt? Meist ist dies gar nicht so bewusst,
wenn aber die Gegenleistung, in Form von Anerkennung, Gegeneinladung,
Geschenken, Liebe, Geld, Zeit oder was auch immer ausbleibt entsteht ein
innerer Schmerz, der sich auch im Gefühl von Ungerechtigkeit, Trauer,
vielleicht auch Wut äußert. In dem Fall wäre es besser einen Tausch oder Handel
auszumachen, also von vorn herein klar zu sein und das Gegenüber über die
eigenen Erwartungen zu informieren. Hierzu muss man sich und auch anderen
natürlich erst einmal erlauben, dass man so etwas darf… Der Verdeckte Leitsatz,
dass man nichts fordern darf und selbstlos (nicht egoistisch) sein muss,
verhindert hier also möglicherweise, dass man überhaupt wirklich frei-gibig
sein kann, weil man ja aus einem Gefühl von Mangel gibt. Damit ist der Leitsatz
ad absurdum gesetzt.
Bei den Motiven, die auf soziale Anerkennung zielen, liegt
dann ein Problem vor, wenn der oder die Gebende als Gegenleistung eben diese
Anerkennung fordert, auch dann, wenn sich, beim sich beim Ausbleiben von Gaben
die sozialen Kontakte abwenden, weil sie lediglich ihren eigenen Mangel
auffüllen wollten. Soziale Kontakte sollten also besser auf Gemeinsamkeiten und
Mitgefühl, auf Sympathie und gegenseitige Wertschätzung hin geknüpft werden.
Wie ein alter Spruch schon sagt „Freunde kann man nicht kaufen“.
Menschen, die sich selbst nicht mögen neigen eher zu solchen
„Kaufhandlungen“, aber sie füllen nicht das eigentliche Bedürfnis, nämlich als
Person an sich gesehen und wertgeschätzt zu werden. Es macht also Sinn, sich
mit dem eigenen Selbstbild und dem Selbstwertgefühl auseinander zu setzen.
Machtmotive erwachsen aus dem eigenen Gefühl der Ohnmacht
und gehen in eine ähnliche Richtung. Es fehlt das Vertrauen das „meine“
Gemeinschaft mich trägt oder tragen würde.
Pflichtgefühl ist eine Gewohnheit, deren Umsetzung ist so
etwas wie ein „das macht man so“, problematisch wird es vielleicht dann, wenn
man es nicht mehr so machen möchte oder kann.
Auch hier könnte dann die Angst aufkommen seine
Zugehörigkeit zu verlieren.
Fazit: Es macht Sinn sich mit dem eigenen Selbstbild und den
eignen Bedürfnissen auseinander zu setzen und dann einen Weg zu finden wie man
zum einen die Bedürfnisse nach der Sicherheit durch Zugehörigkeit und andererseits
nach individueller Freiheit erlangen kann. Dieses Handeln im Kontext von
Dualitäten nenne ich dann leben, vielleicht auch die Kunst zu leben.
Großzügigkeit ist also ein groß – zügiges Gefühl von innerer
Freiheit und Selbstverständlichkeit, dass aus innerem Reichtum erwächst. Je
reicher eine Gesellschaft ist, desto stärker fließen die Gaben, desto
lebendiger, freimütiger und auch kreativer wird sie, desto reicher und sicherer
wird sie auch. Leider funktioniert dieser Kreislauf auch anders herum. Den
„Geist“ der Großzügigkeit kann man ebenso wenig erzwingen, wie man Freunde
kaufen kann, man kann ihn nur sähen, gießen und wachsen lassen, am besten
überall.
So habe ich heute gedacht, vielleicht einen Impuls gesetzt,
ein Saatkorn – how ever hopefully…
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